Meine Realität, deine Realität und das Spiegelprinzip

16.05.2017

Jeder schafft sich seine Realität selbst, heisst es.

Denkst du positiv wird dich positives finden. Denk dich glücklich, reich und gesund- alles ist möglich. Tu Gutes, dann wird dir Gutes widerfahren und die Bösewichte erfahren wie im Märchen, irgendwann was sie verdienen... so oder so ähnlich sieht der derzeitige (Aber?) Glaube aus.

Der Traum vom selbst bestimmten, selbst gewählten und selbst erschaffenem Glück. Ganz abseits von Zufällen, Pechsträhnen, genetischen Dispositionen und schlechtem Karma oder anderen Steinen die einem so vor die Füsse plumpsen könnten. Alles ist möglich, aber nix ist fix- für alles Schlechte in deinem Leben bist letztlich du selbst verantwortlich. Und kannst du das nicht erkennen bist du einfach noch nicht so weit - spirituell betrachtet.

Und dennoch: es gibt sie, die zwei und mehr Realitäten, die jemandem geschehen, ein relativ lapidares Beispiel aus unserem Leben:

vor 4 Jahren halfen wir in dem rumänischen Shelter einer Freundin mit. Wir fuhren hin um sie zu unterstützen. 60 und mehr Hunde betreut von damals 2 Frauen, die völlig überlastet und auch emotionell mehr als mitgenommen das Beste gaben um den Tieren zu helfen die sie auffanden.

Rumänien zu einer Zeit als gerade mobil gegen die Streunerpopulation gemacht wurde. Streuner die zuvor von Tierschutzorgansiationen kastriert worden waren waren genauso auf der Abschussliste wie Hunde die eigentlich gut versorgt vor Häusern lebten. Die Medien berichteten über die Hetze .

Es ist unmöglich in einem Shelter zu arbeiten ohne sein Herz zu verlieren. Wir traten ein und  wurden von kleinen, grossen, schüchternen, stürmischen Hundeherzen, Mäulern und Pfoten sehnsüchtig begrüsst und empfangen. Ich trainierte mit den Scheuen, gewöhnte sie an Halsband und Leine damit die Vermittlungschancen stiegen.

Die Zeit war viel zu kurz aber ich habe in meinem Leben selten eine intensivere, schönere und ja auch aufwühlendere erlebt als damals. Wir nahmen einige der Hunde unter unsere Fittiche die aufgrund Größe oder Farbe chancenlos waren ein Zuhause zu finden und wollten helfen Plätze für sie zu finden. Daheim in Österreich.

Dort empfing uns dann eine Welle von Gegenwind. Warum helft ihr rumänischen Hunden? Und nicht denen in Österreich? (Anmerkung: tatsächlich habe ich auch in Tierheimen in Österreich meine Hilfe angeboten). Solange es in Österreich volle Tierheime gibt, hat man laut einiger Meinungen scheinbar kein Recht anderen zu helfen. Selbst bei meinem damaligen Tierarzt wo ich Flugblätter aushing, musste ich mich der Diskussion stellen solange Kinder verhungern wäre es nicht in Ordnung für Tiere in die Presche zu springen...in der Vermittlung selbst führte ich schier endlos Gespräche mit Menschen die entweder ihre Hilfe gegen Geld anboten (Pflegestellen die dann selbst vermitteln wollte, allerdings nur Welpen) oder Menschen die warum auch immer glaubten einen Hund geschenkt zu bekommen. Ich musste erklären warum ein Hund der mit einem legalen Tiertransporter eingeführt wird und alle Impfungen und tierärztlichen Untersuchungen hinter sich hat, Geld kostet. Und man kann gerne glauben, dass auch in Rumänien nichts verschenkt wird.

Ich habe Monate gebraucht um für unsere anvertrauten Schätze vorab verlässliche (Pflege)Plätze zu finden. Heute weiss ich: Tierschutz ist ein knochenharter Job. Das muss man wirklich aushalten. Das Tierleid und die Vorurteile und der teilweise zermürbende Kontakt mit Menschen die einfach keine Ahnung von der Situation im Tierschutz haben. Von Verdächtigungen wie: wir betreiben Welpenhandel (unsere vermittelten Hunde waren fast alle erwachsen oder zumindest 4 Monate alt) bis hin zu eben den oben genannten Vorwürfen ist uns in jener Phase vieles begegnet von dem wir gar nicht wussten, dass es so vehement in unserer Gesellschaft vorhanden ist. Tierschutzarbeit und jede Arbeit in einem Bereich wo es um Not anderer und sozialer Missstände geht, ist ohnehin ein schwerer Rucksack. Aber wenn man den dann auch noch über Stock und Stein schleppen muss, welche einem vor die Füsse geworfen werden, wird so ein Weg für viele oft unerträglich. An dieser Stelle muss ich aber auch noch erwähnen, dass es zwei Pflegestellen gab die einfach da waren als sie gebraucht wurden und schlicht halfen- ohne die beiden wäre gar nichts gegangen..

Zeitgleich mit unserer Aktion trat ein neues Tierschutzgesetz in Kraft, dass das Vermitteln von Hunden von Privatpersonen letztlich erschwerte bzw. strafbar macht. Und da wir keine Organisation waren und sind, fielen wir letztlich unter diese Bezeichnung und mussten unsere Hilfestellung einstellen.

Die andere Realität sieht so aus: eine Person des öffentlichen Lebens adoptiert einen Hund aus  Rumänien. Es ist viele Jahre später. Die Organisation vermittelt Welpen. Wie toll das ist. Was für ein guter Mensch einem armen Hund von dort ein neues Zuhause zu geben. Endlose Kommentare in Huldigung der Grösse jener Person (die ich übrigens in keinster Weise anzweifle) - kein einziger Kritiker. Kein einziger, der sagt: aber warum bist du nicht im österreichischen Tierheim gewesen? Unter hunderten, nichts anderes zu finden als Lobgesang. Eine völlig veränderte Sachlage. Man könnte meinen es gäbe nur nette Menschen...

Was ich damit sagen will: unser Ausflug in die Tierschutzarbeit, die aktive, die vor Ort helfende und die die über Spenden und einem einzelnen Hund helfen wollende hinaus gehende Hilfe, hat uns zermürbt. Nicht wegen dem Leid, nicht wegen der Kraft und Energie die man aufbringen muss, nicht wegen der Telefonrechnungen, dem Stress des Organisierens. Wir brauchen keine Lobgesänge, aber so ein netter kleiner Wind in den Segeln hätte uns nicht geschadet. Stattdessen kam der von vorne und im Gegensatz zu der positiven Brise blies uns der Sturm mit Regen mitten ins Gesicht.

Und heute arbeite ich mit meinen behinderten Kindern und den Schafen tiergestützt und muss mir allen Ernstes anhören, warum man behinderten ausländischen Kindern hilft statt österreichischen...

Ich würde gerne mal Realitäten tauschen.

Andrea Wiesner, PowerPets, 2405 Bad Deutsch Altenburg, Kaiser Konstantingasse 11
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