Bevor ich es vergesse...

09.10.2017

Vor 2 Wochen haben wir Alice verloren. Die Verzweiflung ist einer tiefen Trauer gewichen. Das innere Aufbäumen einem Aufgeben. Ein "das kann nicht wahr sein" ist zu einem "was soll ich machen, es ist vorbei" geworden. Viel besser fühlt sich das auch nicht an. 

Es ist nicht das erste Mal das ich so etwas erlebe und bestimmt nicht das letzte Mal. Und dennoch glaube ich, dass es nie schlimmer war jemanden zu verlieren. Sei es weil mir die Verbundenheit nicht in dem Ausmaß bewusst war, in welchem ich sie jetzt durch den Verlust schmerzlich vermisse. Sei es weil die Ereignisse die zu ihrem Tod führten undurchschaubar und unerwartet waren. Sei es, dass ich nicht bei ihr war als sie letztlich ging...oder von allem etwas. 

Fakt ist, ich bin niemand, der Erinnerungen behalten kann. Ich denke nicht versonnen an schöne Tage zurück und ich erinnere mich gern an gute Zeiten. Weil mir ihre Abwesenheit schlicht zu weh tun. Wenn jemand stirbt, verblassen auch die Bilder, die Erinnerungen, die Gefühle. Alles verschwindet in einem Nebel des Vergessens. Vielleicht mein einziger Weg mit dem Verlust fertig zu werden.

Deshalb schreibe ich auf was ich geliebt und gelebt  habe und woran ich mich vielleicht irgendwann nicht mehr erinnern werde. Dann kann ich es lesen und werde es wieder wissen. 

Was ist anders?

In der früh wache ich auf und neben mir liegt kein weisses Leuchten und guckt mich aus verträumten Augen an. Es streckt sich mir kein warmer rosa Bauch entgegen um gestreichelt zu werden. Mich stört kein leises Schnarchen, jetzt lässt mich Stille nicht mehr schlafen.

Wenn ich morgens Frühstück mache, steht keiner hinter mir um die Brösel aufzufangen die mir unweigerlich runter fallen. Auch die Leckerlis für den Spaziergang muss ich selbst aufheben wenn sie mir aus der Hand rutschen. 

Ich sitze am Tisch und bei meinen Füssen liegt niemand.

Wenn ich einer Gelse auflauern werde nächsten Sommer wird bestimmt keiner in den Keller abdampfen wie sie das immer tat sobald ich in Raubtiermanier verfiel. Ich werde im Garten alleine auf der Hollywoodschaukel liegen. Wenn ich in den Pool gehe wird keiner mehr drum rum laufen in freudiger Erwartung des Wassertropfenfangspiels. 

Wenn sich die Ratten streiten oder die Kaninchen oder die Katzen wird keine Alice da sein um zu schlichten.  

Bei den Schafen wird mir das Strahlen  fehlen. Das an mich gelehnte Hundemädchen, das es so geniesst den Schafen beim Weiden zuzusehen, die Nüsse zu knacken, zusammen zu sein. Und leuchtet.

Im Garten die Haselnüsse klauen und sich den Haxn ausfreuen darüber, beim Spaziergang immer vor zu laufen um Pockerl zu holen, immer bis ans letzte vor zu rennen weil es ein noch besseres geben könnte, den ganzen Spaziergang sich darauf freuen- auf dieses eine besondere Pockerl.

Sich in allem möglichen wälzen und nach ein paar Stunden trotzdem wieder strahlend weiss ein. 

Das Leuchten auf Fotos, dass es einen blendet.

Das dran bleiben und nie klein beigeben und wenn Ingy dich auch am Pelz hatte, einfach nur durch.

Das Freudengeschrei wenn wir irgendwohin gingen, auch wenns nur Morgengassi war. Unser Bäume umrunden, Pfoten hoch und  unsere vielen Tricks die wir einfach einbauten woimmer wir waren.

Dein meine Gedanken lesen.

Und deine vielen vielen Ängste.

Dein den Tod sehen können. Deine Gespensterangst wenn irgendwo eine Tür knarrte.

Du mochtest Wind nicht, keine dunklen Wolken und Gewitter, keine Paragleiter und auch die meisten Menschen fandest du nebensächlich.

Ich vermisse ich.

Dein weisses Kleid, dein Leuchten, dein Scheinen.

Deine weissen Wimpern, deine dunklen Augen die in verschiedene Richtungen schauen konnten und manchmal so schauten als würdest du Geister sehen.

Ich vermisse dein Juchzen.

Ich vermisse deine Verrücktheit, dein Herumspringen und das Tanzen mit dir.

ich vermisse dein "Mir nahe sein wollen", dein "wir gegen den Rest der Welt".

Ich vermisse deine Schnauze, die ab und zu Küsse verteilte und wenn wir spielten so unendlich sanft sein konnte. 

Ich vermisse den "Köpfli und Pfot" Trick, den du erfunden hast, deine Ideen und deine Begeisterung. Du bist auf 3 Beinen dem Ball hinter her wenn deine Kniescheibe mal wieder einhakte und hast unsere Treibballvorführung gerettet als Baci wegen nassem Gras streikte. Auf dich war Verlass. Immer. Zu jeder Zeit.

Mit dir konnte man einen Krieg gewinnen. Vielleicht nicht gerade an vorderster Front. Aber gemeinsam im Bunker. Gemeinsam stark. 

Nur diese letzte Schlacht haben wir verloren.

Dem Tod hatten wir nichts entgegen zu setzen. 

Es gab diese Momente als Gino noch lebte, da fühlte es sich an, als wärd ihr beiden meine Flügel- ein schwarzer und ein weisser Flügel. Und ich komplett durch euch.

Flügellos bin ich gestrandet und versuche ab hier auf zwei Beinen weiter zu gehen. 

Wohin?

Ich weiss es nicht. 





Andrea Wiesner, PowerPets, 2405 Bad Deutsch Altenburg, Kaiser Konstantingasse 11
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